TeleSchach : Schach aktuell

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8. Weltmeisterschaft der Senioren und Seniorinnen

vom 08. bis 21. November 1998 in Grieskirchen

Eine Veranstaltung der FIDE und des Österreichischen Schachbundes
Organisation: Schachverein Grieskirchen

Informationen , Teilnehmer , Rundenberichte , Partien sowie Interviews
mit Baumgartner , Erenska , Klovans , Lein , Uhlmann , Taimanov und weiteren


Interview mit FM Heinz Baumgartner

Interview von Harald Grafenhofer mit Heinz Baumgartner (Foto),
Präsident des Oberösterreichischen Schachbundes

Frage : Herr Baumgartner, mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese WM, die in Ihrem Heimatbundesland stattfindet.

Baumgartner : Zuerst möchte ich alle Schachfreunde herzlich begrüßen, die bei dieser Weltmeisterschaft in unserem schönen Bundesland mitspielen. Ich persönlich möchte ein gutes Turnier spielen und mich unter den ersten 10 plazieren.

Frage : Ist daß nicht etwas zu tief gestapelt, Sie waren doch schon einmal Dritter und voriges Jahr hatten Sie die Chance, Weltmeister zu werden. Und nun die WM vor der eigenen Haustür.

Baumgartner : Natürlich ist die WM in der Heimat eine besondere Sache, aber im Schach gibt es keinen Heimvorteil. Im Gegenteil es ist leichter, ein Turnier in der Fremde zu spielen. Denn hier bin ich Präsident des Schachlandesverbandes Oberösterreich und wahrscheinlich auch mit organisatiorischen Fragen beschäftigt.

Frage : Man hat fast den Eindruck, Ihnen wäre lieber die WM würde nicht in Grieskirchen stattfinden.

Baumgartner : Das stimmt natürlich nicht. Für das Schach in Oberösterreich ist die Weltmeisterschaft hier in Grieskirchen etwas Einzigartiges. Und ich bin stolz, daß der Schachklub Grieskirchen die Mühen und die Risken auf sich genommen hat, eine so große Veranstaltung in unser Land zu holen. Ich möchte mich hier nochmals herzlich bei den Funktionären und Mitgliedern bedanken.

Frage : Über 220 Seniorinnen und Senioren spielen bei diesem Turnier mit. Vom Großmeister bis zum Vereinsspieler findet man alle Schachfreunde. Das ist mehr als bei so manchem Open.

Baumgartner : Man muß bedenken, daß es kein normales Open ist, sondern eine offizielle Weltmeisterschaft und die Senioren sind im Schach eine sehr aktive Gruppe, denn der große Vorteil beim Schach liegt darin, daß man es sehr lange ausüben kann und den Jungen Paroli bieten kann, was nicht in vielen anderen Sportarten möglich ist.

Frage : Wie haben Sie sich auf diese Weltmeisterschaft vorbereitet?

Baumgartner : Ich habe in der letzten Zeit täglich ein bis drei Stunden aufgewendet, um mich auf diese WM vorzubreiten. Neben dem schachlichen Vorbereitungen, habe ich auch andere Sportarten betrieben, um fit zu bleiben. Denn wenn man müde wird, läßt auch die Konzentrationsfähigkeit nach und dann geht oft die Partie verloren.

Frage : Nun bleibt nur noch zu hoffen, daß Sie die geheimen Erwartungen der oberösterreichischen Schachfreunde erfüllen und den WM-Titel holen.

Baumgartner : (Lacht). Danke, aber werfen Sie einmal einen Blick auf die Startliste und Sie werden sehen, daß ich nicht zu den Favoriten zähle.


Interview mit GM Janis Klovans (Titelverteidiger)

von Harald Grafenhofer (Foto)

Frage : Sehr geehrter Herr Klovans, sie kommen als Titelverteidiger zu dieser Weltmeisterschaft nach Grieskirchen, was sind Ihre Ziele?

Klovans : Nachdem ich im Vorjahr den Titel gewonnen habe, möchte ich auch heuer wieder unter die ersten Drei kommen.

Frage : Was hat der Titelgewinn für Sie persönlich bewirkt.

Klovans : Ein großer Titel ist für einen Schachspieler immer eine bedeutendes Ereignis, aber besonders wichtig war für mich die Verleihung des Titels Großmeister, den ich mein ganzes Leben angestrebt habe. Eigentlich zählt die Erreichung dieses Ziels mehr für mich mehr als der Titel des Seniorenweltmeisters. Bei mir traten wichtige Ereignisse im Leben immer relativ spät ein.

Frage : Wie darf man das verstehen?

Klovans : Nun, ich begann erst mit 14 Jahren mit dem Schachspiel und wurde nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften dann professioneller Schachspieler, mit 25 Jahren wurde ich sowjetischer Meister, mit 35 Jahren habe ich dann geheiratet, daß ist auch etwas spät, wenn man es mit der Masse vergleicht, sieben Jahre später mit 42 Jahren wurde ich Internationaler Meister. Und wieder 20 Jahre später wurde ich dann Seniorenweltmeister und Großmeister.


GM Janis Klovans
gegen FM Heinz Baumgartner
bei der entscheidenden Partie 1997

Frage : Waren Sie immer Schachprofi?

Klovans : Ich war Zeit meines Lebens Schachspieler, Organisator und Trainer. Zu meinen Schülern zählten unter anderem: WGM Inguna Erneste, die bei den russischen Meisterschaften einmal den 2. Platz und den 3. Platz bei den Damen belegte. Zudem gewann sie den ersten Brettpreis auf Brett 1 in der deutschen Damenbundesliga. Ein weiterer Schüler, GM Maris Krakops wurde 1994 hinter dem ungarischen Wunderkind GM Peter Leko zweiter der Jugendweltmeisterschaft U16. Heuer erreichte er bei der Schacholympiade am zweiten Brett für Lettland 7,5 aus 11 Partien und damit seine dritte Großmeisternorm.

Frage : Wo leben Sie?

Klovans : Ich wohne in Riga, der Hauptstadt von Lettland, aber ich bin 8 Monate im Jahr in Europa auf Schachturnieren unterwegs. Übrigens habe ich schon viele Turniere in Österreich gespielt, wie zum Beispiel Werfen, Wien, Loosdorf, Oberwarth, Graz und Schwarzach.

Frage : Wie gefällt Ihnen Östereich und Grieskirchen?

Klovans : Mir gefällt Österreich sehr gut und die WM hier in Grieskirchen ist gut organisiert.

Frage : Betreiben Sie neben dem Schach auch andere Sportarten, Sie sehen ziemlich fit aus?

Klovans : Ja, ich liebe Sport. Im Sommer betreibe ich viele Strandsportarten, wie Volleyball, Schwimmen und sehr gerne spiele ich Frisbee am Strand. Zudem wandere ich sehr gerne. Da fällt mir eine kleine österreichische Kuriosität auf: Es gibt in Österreich viele Radwege und auch sehr schöne Wanderwege, aber wenn man, wie ich gerne vor einer Partie auf direktem Weg zum Spiellokal gehen möchte, so fehlt oft der entsprechende Fußweg, so daß man auf der Straße gehen muß.

Frage : Herr Klovans, wir sitzen hier vor einem Computer, da stellt sich die Frage, was halten Sie von Computern?

Klovans : Ich finde Computer toll und besitze selbst ein Notebook. Früher müßte man zu Turnieren eine Menge Bücher, Informatoren und Zeitschriften mitnehmen, heute genügt das kleine Gerät und man hat Millionen Partien sofort verfügbar. Ich verwende für die Partiesammlungen ChessBase und Chess Assistant und zur Partieanalyse die Programme Fritz, Genius und Hiacs. Das letzte Programm habe ich im Vorjahr gekauft, da es beim Turnier in Bad Godesberg vor mir den ersten Rang belegte. Es schlug meine Konkurrenten und ich konnte gegen das Programm remisieren, dadurch wurde ich Turniersieger, da das Programm nicht für die Preisränge vorgesehen war.

Frage : Herr Klovans, im Vorjahr haben Sie den Titel durch den Gewinn gegen Heinz Baumgartner gewonnen. Ich habe mir die Partie angesehen und gesehen, daß die Eröffnung nicht gerade erfolgsversprechend für Schwarz ist, warum haben Sie diese Variante gespielt.

Klovans : Es kommt in der Eröffnung nicht nur darauf an, ob diese objektiv gut oder schlecht ist, sondern ob man sich in den entstehenden Stellungen wohl fühlt und auch die Ideen versteht. Ich spiele diese Variante schon mein Leben lang und kenne sie sehr gut und was am wichtigsten ist, ich fühle mich wohl in solchen Stellungen.

Frage : Sie haben ein Foto von dieser Partie mit, ist das Ihr Glücksbringer?

Klovans : Nein. Ich habe das Foto gestern von einer Frau geschenkt bekommen, die auch voriges Jahr dabei war und daher habe ich es mit. An Glücksbringer glaube ich persönlich nicht.

Harald : Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Glück bei der WM.

Interview mit GM Hanna Erenska-Radzewska

Interview von Harald Grafenhofer mit Hanna Erenska (Foto),
Internationale Großmeisterin

Harald : Sehr geehrte Frau Erenska-Radzewska, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

Frau Erenska : Herzlichen Dank, ich bin am 12. November 1946 geboren.

Frage : Darf ich das schreiben? Eine Dame fragt man nicht nach dem Geburtsdatum.

Frau Erenska : (Lacht) Aber natürlich, das ist doch kein Geheimnis.

Frage : Können Sie unsren Lesern ein paar Angaben zur Person machen?

Frau Erenska : Ich wohne in Posen / Polen und bin seit über 20 Jahren Schachprofi.

Frage : Wie sind sie zum Schach gekommen?

Frau Erenska : Relativ spät. Ich habe zuerst meine Ausbildung zur Zahnärztin und auch die Musikschulausbildung zur Opernsängerin abgeschlossen. Dann erst habe ich mich ernsthaft mit Schach beschäftigt.

Frage : Was waren bisher Ihre größten Erfolge?

Frau Erenska : Ich habe drei olympische Medaillen gewonnen. Einmal Silber am 2. Brett, das war 1972 in Jugoslawien und dann noch zweimal Bronze in Malta 1980 am 1. Brett und mit der Mannschaft. Insgesamt habe ich achtmal bei Olympiaden mitgespielt. Zudem habe ich fünfmal die polnische Damenmeisterschaft gewonnen und war elfmal Blitzmeisterin.

Frage : Was sind Ihre Ziele für diese Weltmeisterschaft?

Frau Erenska : Ich spiele immer auf Gewinn. Ich liebe das sportliche Element am Schach und nachdem ich im Vorjahr Dritte war, kann das Ziel nur der Titel sein.

Frage : Verwenden Sie auch Computer zur Vorbereitung?

Frau Erenska : Ja, ich verwende Chess Assistant zur Vorbereitung auf die Gegner manchmal auch den Computer zur Partieanalyse, aber mir ist es lieber, die Partien mit meinem Trainer GM Schmidt zu besprechen.

Frage : Computer werden immer stärker, was denken Sie darüber, daß eine Maschine schon bald stärker spielt als der Mensch?

Frau Erenska : Ich habe kein gutes Gefühl dabei, aber man muß diese Entwicklung hinnehmen wie sie ist. Ich persönlich bevorzuge das kämpferische Element im Schach. Die Auseinandersetzung mit dem Gegner, die psychologischen Faktoren. Diese Faktoren sind beim Spiel gegen Computer nicht gegeben, da diese keine Empfindungen haben und zeigen.

Frage : Was ist nun klassisch gefragt Schach: Kunst, Sport oder Wissenschaft? Oder von jedem ein wenig?

Frau Erenska : Es ist allgemeine Meinung, daß Schach Kunst, Sport und Wissenschaft in sich vereint, wie schon gesagt bevorzuge ich die sportliche Komponente. Aber diese Frage ist eine schwierige und wir werden hier nicht die Antwort finden.

Frage :Sie haben auch eine abgeschlossene Ausbildung als Opernsängerin. Sind sie auch auf diesem Gebiet noch aktiv?

Frau Erenska : Nein, nicht sehr. Ich singe zu Hause in einem Chor. Aber ich interessiere mich sehr für Musik und Kultur. Wenn die Zeit bleibt, besuche ich auf meinen Schachreisen Opernaufführungen und andere Kulturveranstaltungen.

Frage : Was denken Sie zur Trennung von Damen und Herrn beim Schach?

Frau Erenska : Diese Trennung ist historisch gewachsen, obwohl mit den Polgarschwestern schon bewiesen wurde, daß Frauen auch auf höchstem Niveau Schach spielen können. Nur in der Praxis ist es so, daß der Wunsch Schachprofi zu werden, bei Männern in der Gesellschaft viel eher unterstützt wird und als Beruf angesehen wird. Für eine Dame ist es eher ungewöhnlich, wenn sie schon in frühen Jahren eine Profilaufbahn einschlagen möchte. Dadurch ergeben sich immer noch Ungleichgewichte in der Chancengleichkeit zwischen den Geschlechtern. Grundsätzlich gibt es aber keine Gründe, warum Männer besser Schachspielen können sollen als Damen.

Frage : Wie gefällt es Ihnen hier in Grieskirchen?

Frau Erenska : Die Spielbedingungen sind gut hier, aber leider sind nur 22 Teilnehmerinnen vertreten, das sind weniger als letztes Jahr. Das finde ich schade. Ich denke, daß mehr Damen an einer offiziellen Weltmeisterschaft teilnehmen sollten. Ich bin schon gespannt, was die Veranstalter beim Rahmenprogramm, insbesonders bei den Konzerten zu bieten haben.

Harald : Herzlichen Dank für das Gepräch und Alles Gute zum Geburtstag!

Interview mit Christine und GM Wolfgang Uhlmann

Interview von Harald Grafenhofer mit Wolfgang Uhlmann (Foto),
Internationaler Großmeister aus Deutschland

Frage : Sie sind in der oberösterreichischen Schachszene schon seit einiger Zeit ein Fixpunkt. Wie kommt es, daß Sie in Oberösterreich spielen?

Herr Uhlmann : Ich kenne Heinz Baumgartner schon seit Jugendtagen an, und wir haben uns 1989 bei einem Blitzturnier in Pilsen wieder getroffen. Seit 1990 spiele ich für den SK Vöest Linz. Außerdem ist meine Frau ein großer Österreichfan und begleitet mich zu allen Wettkämpfen.

Frage : Frau Uhlmann, was gefällt Ihnen so besonders an Österreich?

Frau Uhlmann : Mir gefallen die Menschen, die Freundlichkeit und die Aufgeschlossenheit hier. Es geht hier nicht alles so genau nach Vorschrift. Natürlich auch die Landschaft und die vielen Kulturdenkmäler hier. Und auch der österreichische Wein schmeckt uns sehr gut.

Frage : Sie wohnen in Dresden, das ist eine sehr schöne Stadt mit einer wunderbaren Umgebung?

Frau Uhlmann : Wir sind beide gebürtige Dresdener und leben noch immer dort.

Frage : Herr Uhlmann, wie lange sind sie schon Schachprofi?

Herr Uhlmann : 1959 wurde ich im Alter von 25 Jahren Großmeister und von da an war ich eigentlich Schachprofi. Das interessante ist, daß man durch all die Jahre immer wieder gegen die alten Bekannten auf dem Schachbrett trifft. Nehmen Sie zum Beispiel GM Taimanov, GM Ivkov und mich her. Wir spielen schon seit Ende der 50er Jahre immer wieder gegeneinander. Das ist das Schöne am Schach, man kann es lange betreiben und man trifft überall interessante Menschen.

Frage : Herr Uhlmann, sie haben keine guten Erfahrungen mit Senioren- Weltmeisterschaften. Bei Ihrem ersten Antreten vor zwei Jahren haben Sie in der letzten Partie gegen GM Suetin durch einen schrecklichen Einsteller verloren, letztes Jahr wurden Sie durch eine frühe Niederlage aus dem Rennen geworfen und heuer haben Sie nach drei Runden schon zwei Remis abgeben.

Herr Uhlmann : Die Niederlage gegen Suetin schmerzt schon sehr, denn sonst wäre ich geteilter Erster gewesen, aber um in Schach gegen gleichwertige Gegner etwas zu erreichen, gehört auch etwas Glück dazu. Dieses hat mir bisher bei den Senioren- Weltmeisterschaften gefehlt. Auch heuer habe in den ersten drei Runden schon zwei Remis abgegeben, aber ich werde mein Fell so teuer wie möglich verkaufen. Unter normalen Umständen kann ich dadurch nicht mehr in die Titelentscheidung eingreifen, aber vielleicht bietet sich unverhofft eine Chance.

Frage : Können Sie uns etwas über Ihr privates Umfeld erzählen?

Frau Uhlmann : Wir sind seit 38 Jahren verheiratet, leben in Dresden und haben zwei erwachsene Kinder. Unsere Tochter ist Ärztin und unser Sohn Diplomingenieur für Elektrotechnik. Sehr stolz sind wir auf unser erstes Enkelkind.

Frage : Neben dem Schachspielen schreiben Sie auch Bücher und verfassen Artikel für Schachzeitschriften, bleibt da auch noch Zeit für eine Trainertätigkeit?

Herr Uhlmann : Ich engagiere mich als Trainer vor allem für die Jugend in Sachsen und in meinem Stammklub in Dresden, halte aber auch andere Vorträge, wie zum Beispiel Lehrerseminare in Oberösterreich, die ich gemeinsam mit Heinz Baumgartner abhalte.

Frage : Herr Uhlmann, was halten Sie von Computern im Schach?

Herr Uhlmann : Der Computer bietet neue Möglichkeiten in der Vorbereitung und auch in der Analyse, aber ich leide an einer Lähmung der Augenmuskulatur, und es ist daher nicht gut für mich, vor dem Bildschirm zu sitzen. Daher bereite ich mich nach meinen alten Programmen vor.

Frage : Behindert Sie Ihre Erkrankung auch beim Schachspiel selbst?

Herr Uhlmann : Ja, ich verbrauche dadurch etwas mehr Zeit, und habe Schwierigkeiten beim Blitzschach.

Frage : Sie gelten als ein Spieler, der über ein sehr enges Eröffnungsrepertoire verfügt.

Herr Uhlmann : Das stimmt, es ist ein Vorteil und ein Nachteil zugleich. Der Vorteil liegt darin, daß ich diese Systeme schon lange spiele und dadurch über eine große Erfahrung mit den damit verbundenen Stellungen und Plänen habe. Ich halte daher meinen Systemen die Treue, es sei denn ein Teilsystem ist komplett unspielbar geworden. Der Nachteil liegt darin, daß sich die Gegner heute mit Hilfe von Datenbanken sehr genau auf mich vorbereiten können.

Frage : Was sagen Sie zu der zunehmenden Spielstärke von Schachcomputern?

Herr Uhlmann : Ich bin kein Fachmann auf diesem Gebiet, aber es scheint, daß Computer in absehbarer Zeit stärker spielen als Menschen, aber ich sehe darin kein so großes Problem, vielleicht gibt es eine Trennung zwischen menschlichem Schach und Computerschach, so wie es sie zwischen Fern- und Nahschach gibt. Im Fernschach ist die Fehlerquote aufgrund der längeren Bedenkzeit auch geringer als im Nahschach. Ich glaube, daß das Schach zwischen Menschen von Fehlern lebt. Es klingt etwas komisch, aber das Schöne am Schach sind die Fehler.

Frage : Aber man ärgert sich oft furchtbar über Fehler, ist das bei einem Großmeister anders?

Herr Uhlmann : Natürlich ärgern sich Großmeister auch über Fehler, besonders über dumme, vermeidbare Fehler, die zu Niederlagen in guten Stellungen führen, und die auf eigene Unzulänglichkeiten zurückzuführen sind. Normale Niederlagen, wenn der Gegner besser spielt, muß man akzeptieren. Aber es ist auch für Profis oftmals schwierig, nach Niederlagen in den nächsten Runden wieder die volle Konzentration zu erreichen. Wichtig ist aber, daß man sich die Freude am Schach erhält.

Frau Uhlmann : Ich vergleiche das menschliche und das Computerschach mit Handarbeit und maschinell gefertigter Ware, die zwar oft perfekter ist, aber dennoch liebt der Mensch, das von Hand geschaffene, unvollkommene mehr und empfindet es als schöner.

Frage : Sie sind schon lange im Schachgeschäft, können Sie einem jungen Menschen empfehlen eine Schachprofilaufbahn anzustreben?

Herr Uhlmann : Ich kann das Schachspiel jedem jungen Menschen empfehlen, denn es formt den Charakter, man lernt schwierige Probleme zu lösen, komplexe Zusammenhänge zu analysieren und was ganz wichtig ist, mit Niederlagen umzugehen. Eine Profi- Laufbahn kann ich aber keinem empfehlen, denn es ist ein sehr hartes Geschäft. Nur die Top Ten können wirklich gut vom Schach leben. Es gibt immer weniger Einladungsturniere und der Broterwerb bei Openturnieren ist mit großen Mühen verbunden. Das Risiko ist einfach zu groß, vor allem wenn man eine Familie unterhalten muß. Andererseits lernt man dadurch die Welt und viele interessante Menschen kennen.

Harald : Herzlichen Dank für das Interview und noch viel Freude an der WM und an Österreich.

Interview mit GM Anatoly Lein

Interview von Harald Grafenhofer
mit Anatoly Lein (Foto),
Internationaler Großmeister

Question : Mr. Lein, where are you from?

Lein : I am from St. Petersburg, it was called Leningrad at the time I lived there. Since 1976 I live in different states in the USA. Now I live in the state of Ohio.

Question : Have you been a professional chess player all the time?

Lein : No, after I had finished my education at the university, I worked many years for the Russian navy. As an mathematician I especially did research work for radar units in submarines.

Question : What do you think about professional chess?

Lein : It is very far from great in this days. Only a small group can live from chess. I think for a young person it is not save to become a chess professional. Any other profession would give better chances in life to young people.

Question : What do you think about the situation in chess now, with two and maybe more World Champions? Who is the strongest player?

Lein : First it is not good for chess, that there are several World Champions. On the other side it is impossible to say who is the best player. Only matches between the leading grandmasters could show us, who is the best.

Question : What is chess for you first: art, sport or science?

Lein : This belongs to my actual mood. Sometime art, sometime sport or science.

Question : What do you think about computer chess and do you use a computer for preparation?

Lein : Yes, I have a computer at home. I use chess databases for preparation.

Question : Do you think a computer will be able to play stronger than every chess player in the next years?

Lein : It is not a question of time, it is only the question of limitation of money. If you spend a lot of money, in this days computer are able to beat every grandmaster with 6:0.

Question : Do you have problems with this fact?

Lein : Not at all! Machines are better in various things than men. Men cannot run as fast as a car, cannot fly and cannot jump very high.

Question : What is your aim for this World Championship?

Lein : I have no aim at all. I like to play chess, meet old friends and enjoy life. I play chess just for fun.

Question : Do you like Grieskirchen?

Lein : I usually have not the time to like a place, because I am travelling only to the tournament hall and back.

Harald : Thanks!

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