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ZMD Schachfestival Dresden 2007

vom 21. bis 29. Juli 2007, Ramada Hotel in Dresden

Infos und Berichte von Klaus Jörg Lais sowie der Endstand


Der Iraner Ghaem Maghami (Foto unten links) gewinnt das ZMD Open
Anna Zozulia (Foto unten rechts) erringt den Damentitel

Am 21. Juli 2007 schreibt Klaus Jörg Lais an TeleSchach:
Erster Bericht zum ZMD Schachfestival

Schloss Albrechtsberg Das ZMD Schachfestival ist, um das den bisherigen Nichtbesuchern auch einmal deutlich zu machen, nicht etwa ein einzelnes Open, sondern eine ganze Schachwoche – eben ein Schachfestival. In diese Festivalwoche sind mehrere Turnierereignisse integriert. Nach der feierlichen Eröffnung auf Schloss Albrechtsberg (Foto), begann die Klötzchenschieberei mit der sächsischen Senioren-Einzelmeisterschaft, die mit exakt 100 Teilnehmern recht ordentlich besucht ist, für eine Landes-SEM. Start war hier der gestrige Freitag, so dass heute am Samstag bereits zwei Runden absolviert waren, als die Kernveranstaltung - das ZMD-Open - begann. Das Open selbst ist mit 304 Teilnehmer/innen gestartet und ist fantastisch besetzt. 35 Titelträger machen sich Hoffnungen auf die zahlreichen Hauptpreise oder die Gruppenpreise in der Kategorie bis 2450 TWZ, denn die sind so attraktiv, dass das Teilnehmerfeld auch in der Masse sehr homogen besetzt ist. Immerhin kann jeder innerhalb seiner Gruppe Preise im Wert von 1.000 Euro abräumen, der Gesamtpreisfonds beträgt gar mehr als 24.000 Euro.

Das dürfte auch der Grund sein, warum das Turnierschachopen rein numerisch weiter wächst. Natürlich nicht ausschließlich, aber wenn man schon ein ordentliches Startgeld zahlt und sich neun Tage mit Schach beschäftigt, würde man doch gern auch mal gerechte Chancen auf ein hohes Preisgeld haben. Dass es in dieser Dimension bestehen bleibt, ist auch der großzügigen Zusage des Sponsors ZMD zu verdanken, der auch für die kommenden Jahre Unterstützung ankündigte. Weiterhin integriert in die Schachwoche ist ein Senioren-Blitzturnier, welches am Montag um 15 Uhr startet. Außerdem eine weitere Runde im sogenannten Olympischen Schnellschach-Grand-Prix, deren Seriengewinner einen attraktiven Preis im Zusammenhang mit der Schacholympiade 2008 gewinnt. Ein weiterer Höhepunkt ist die deutsche Familienmeisterschaft, die in der Kombination Opa/Enkel, Nichte/Onkel, Vater/Mutter oder Cousine/Cousin, sowie viele weitere Kombimöglichkeiten eine Menge Interpretationsspielraum zulässt. Die startet dann am zweiten Wochenende, am 28. Juli.

Anna Zozulia Das Schachfestival selbst ist wiederum Teil einer übergeordneten Serie, welche die Schachfestival e.V. in jedem Jahr veranstaltet. Hier nicht genannt, aber dazugehörend sind der Porzellancup und der Schachfrühling: beide wiederum mit einer ganzen Reihe hochwertiger Veranstaltungen.

Kommen wir zum sportlichen Fazit bis hierhin. Nach zwei Runden Seniorenschach lässt sich noch nicht allzu viel daherbeten, allerdings sind die meisten Favoriten ihrer Rolle gerecht geworden, Überraschungen gab es so gut wie keine. Faszinierend ist aber, dass ein Spieler mit 1519 TWZ das Turnier anführt. Manfred Kunze aus Hainichen in der Nähe von Chemnitz gewann beide Spiele, zumindest von der Wertungszahl her sehr überraschend. Da kiebitze ich morgen mal einen Blick drauf. Im ZMD-Open ist die erste Runde noch nicht beendet, aber soweit man bisher beobachten kann, gibt es auch hier keine Riesenüberraschungen. Das wird sich sicherlich noch ändern.

Details, Ergebnisse und weiter Berichte auf den Webseiten:
ZMD Schachfestival 2007 und www.schachfestival.de

Am 29. Juli 2007 schreibt Klaus Jörg Lais an TeleSchach:
Herzschlagfinale zugunsten des Iraners Ghaem Maghami

In einem an Dramatik außerordentlich reichen Finale siegte der Iraner und Setzlistenplatzerste des ZMD-Opens 2007, Ehsan Ghaem Maghami, in der letzten Runde und damit im Gesamtklassement. Der Jurastudent, der einer von nur drei Großmeistern im Iran ist, hielt sich nach seinen Auftaktsiegen lange Zeit im Bereich der vorderen Bretter auf, ohne sich als Gesamtsieger aufzudrängen. In einem furiosen Schluss-Spurt überraschte er die Konkurrenz und letztendlich auch seinen Finalrundengegner Nazar Firman, der bei einem Sieg selbst ganz oben gestanden hätte. Zum Schluss reichte es für den spielstarken Ukrainer nur zu Rang 15. Die Spannung bezog das Duell vor allem aus dem frühen Remis des bis dato Führenden Robert Kempinski gegen Alexander Graf, dass dem Polen mindestens Rang Zwei sicherte. Erst während des Endspiels rechneten die Organisatoren heraus: Falls zwischen Maghami und Firman ein Sieger hervorging war klar, dass dieser aufgrund der Buchholzwertung vor Kempinski sein würde. Und so gewann Maghami in der letzten Partie des gesamten Turniers (!) durch ein Turmendspiel mit einem Bauern plus für den Iraner (das auch noch viele für technisches Remis hielten), ganz zum Schluss das Open, das zeitweise andere dominierten. Der Ukrainer selbst führte zwei Tage das Feld an. Tomas Markowski war einen Tag oben. Kempinski war vor der Schlussrunde der allein Führende. Doch letztendlich setzte sich eben Maghami durch.
Anbei ein kurzes Interview, dass ich mit ihm für die sächsische Zeitung führte:

Ghaem Maghami
 Foto: Franz Gärtner Ehsan Ghaem Maghami im Portrait

Frage: Ehsan, letztendlich kamen Sie, sahen und siegten. In ihrer Heimat sind Sie ein Star und haben dort einen regelrechten Schachboom ausgelöst, erzählen Sie uns ein paar Worte davon!

Antwort: Ich habe insgesamt über dreißig internationale Turniere gewinnen können und habe, die Jugendmeisterschaften mitgerechnet, zehn Landestitel gewonnen. Ich wurde mit 18 Jahren der erste Großmeister im Iran und war sehr glücklich darüber, diesen Titel für mich und mein Land zu erreichen.

Frage: Im Iran gibt es laut Liste der Weltschachorganisation nur drei Großmeister, sicher eine Folge des zehnjährigen Verbots des Schachspiels nach der iranischen Revolution!?

Antwort: Ja, eine außergewöhnlich schwierige Zeit für Schachspieler, Khomeini hatte das Spiel verboten und erst Jahre nach seinem Abtritt kam das Spiel wieder zurück auf die Straße, in die Cafés, in die Klubs. Aber seit einiger Zeit erleben wir einen richtigen Aufschwung, in wenigen Jahren werden wir zahlreiche Großmeister aus dem Iran sehen. Schach ist in der Reihenfolge der populären Sportarten Nummer Fünf zuhause.

Frage: Sicher auch ein Verdienst von Ihnen, dass ein so erfolgreicher Schachspieler wie Sie die internationale Konkurrenz aufmischt!?

Antwort: Vielleicht (lacht verlegen). Aber ein bisschen gebe ich gerne zu, dass das dazu beigetragen hat. Aber der größte Verdienst liegt beim iranischen Schachverband, der das Schachleben in Schulen und Schachklubs deutlich beleben konnte.

Frage: Schauen wir auf das Turnier zurück. Eigentlich hatte man kaum mehr mit ihrem Sieg gerechnet?!

Antwort: Das gebe ich zu. Wenn wir bilanzieren, hatte ich durchaus etwas Losglück nach meinen Unentschieden zuvor. Aber alles in allem muss man sagen, dass dieses Ergebnis ein Resultat harter Arbeit in den letzten Runden war. Sogar meine Wertungszahl ist gestiegen – mit 7,5 Punkten aus neun Runden bin ich sehr zufrieden.

Frage: Durch den Spurt zum Schluss haben sie eine faszinierende Nervenstärke bewiesen. Wie hält man den Druck aus, wenn ums Brett herum 20, 30 Kiebitze stehen und es um den Turniersieg geht?

Antwort: Dieses Mal ist es gut gegangen, aber glauben Sie mir, es gab schon viele Situationen, in denen meine Nerven genau dann versagten. Ich könnte Ihnen jetzt den coolen Meister spielen, aber mir geht es nicht anders, als jedem Schachspieler der Welt – manchmal hat man Glück und Mut und manchmal eben nicht.


Endstand nach 9 Runden Schweizer System
Rang Teilnehmer      Titel TWZ Land S R V Punkte Buch SoBerg
                   [Anmerkung: S= Sieg, R= Remis, V=Verlust]
   
 1 Ghaem Maghami,Ehsan GM 2610  IRI 6 3 0  7.5  48.0  369.0         
 2 Kempinski,Robert    GM 2587  POL 6 3 0  7.5  47.0  373.5         
 3 Markowski,Tomas     GM 2573  POL 6 2 1  7.0  52.0  387.0         
 4 Naumann,Alexander   GM 2550  GER 5 4 0  7.0  52.0  372.5         
 5 Ovsejevitsch,Sergej GM 2568  UKR 5 4 0  7.0  51.5  372.0         
 6 Polak,Tomas         GM 2544  CZE 5 4 0  7.0  51.0  378.0         
 7 Arutinian,David     GM 2591  GEO 5 4 0  7.0  51.0  377.0         
 8 Graf,Alexander      GM 2595  GER 5 4 0  7.0  50.5  379.0         
 9 Kovalev,Andrei      GM 2564  BLR 5 4 0  7.0  50.0  381.5          
10 Malakhatko,Vadim    GM 2590  BEL 5 4 0  7.0  49.5  381.5          
11 Savchenko,Stanislav GM 2571  UKR 6 2 1  7.0  49.0  378.5          
12 Lobzhanidze,Davit   IM 2470  GEO 6 2 1  7.0  48.5  367.5          
13 Epishin,Vladimir    GM 2587  RUS 6 2 1  7.0  48.0  367.0          
14 Zozulia,Anna        IM 2328  BEL 7 0 2  7.0  46.0  368.5          
15 Firman,Nazar        IM 2517  UKR 6 1 2  6.5  52.0  371.0          
16 Delemarre,Jop       IM 2457  NED 5 3 1  6.5  51.0  371.5          
17 Schmidt,Georg       FM 2401  GER 5 3 1  6.5  50.0  358.5          
18 Pirrot,Dieter       IM 2411  GER 5 3 1  6.5  48.0  359.0          
19 Bracker,Frank          2198  GER 6 1 2  6.5  46.0  371.5          
20 Brener,Ilja         IM 2382  GER 5 3 1  6.5  46.0  368.5          
21 Schlötzer,Waldemar     2158  GER 6 1 2  6.5  46.0  367.0          
22 Heinig,Wolfram,Dr.  FM 2342  GER 6 1 2  6.5  46.0  345.0          
23 Sriram,Jha          IM 2459  IND 5 3 1  6.5  45.5  353.5          
24 Schindler,Samuel       2246  GER 6 1 2  6.5  45.5  352.0          
25 Bracker,Arne           2149  GER 5 3 1  6.5  43.0  327.5          
26 Stabolewski,Andreas    2263  GER 5 3 1  6.5  42.0  338.5          
27 Kummerow,Heiko      FM 2308  GER 6 1 2  6.5  41.5  353.5          
28 Donchenko,Anatoli   IM 2375  GER 4 5 0  6.5  41.5  352.5          
29 Fischer,Andre Klaus    2183  GER 6 1 2  6.5  40.5  340.0          
30 Schellmann,Frank       2141  GER 5 3 1  6.5  39.0  334.5          

insgesamt 292 Teilnehmer



© 8.96 by Gerhard Hund Update 30.07.2007